Wandern auf dem SOUTH WEST COAST PATH (September 2024)

Von langer Hand geplant, ging es für uns, das Tochter-Mutter-Team, nach England, um den South West Coast Path in Angriff zu nehmen. 130 Kilometer in sieben Tagen – und dabei stolze 3.600 Höhenmeter! Da war es nur logisch, dass wir unsere Rucksäcke wie echte Minimalisten packten. Kaum zu glauben, dass wir mit nur 9 kg alles Notwendige unterbringen konnten. Wer braucht schon einen halben Kleiderschrank unterwegs?😊

 

In Minehead war unser Startpunkt. In diesem Fall war es zeitlich unwesentlich ob mit dem Flieger oder dem Zug anzureisen. Die Reise selbst war ein kleines Abenteuer, insbesondere die Durchquerung des Eurotunnels. Man kann sagen, dass die Deutsche Bahn ihren Teil dazu beitrug, unsere Reisezeit gleich um einige Stunden zu verlängern. Das war fast nicht anders zu erwarten. Doch trotz der längeren Reisezeit erreichten wir tatsächlich noch vor Mitternacht unsere erste Unterkunft, The old ship Aground. Zu unserer Freude gab es sogar Live-Musik und nette Gespräche, sodass die Strapazen der Anreise schnell in Vergessenheit gerieten. Am nächsten Morgen stärkten wir uns mit einem ordentlichen englischen Frühstück, bevor wir unsere Wanderung nach Porlock Weir starteten. Der Weg begann entspannt an der Promenade, doch schon nach kurzer Zeit ging es steil hinauf in den Exmoor Nationalpark.

 


Minehead - Porlock Weir (5:33 h, 17,5 km, 500 hm)

 

Zuerst führte uns der South West Coast Path durch einen zauberhaften Wald in Richtung North Hill, einer der höchsten Erhebungen in Somerset. Überall schossen Farne empor, linienartige Gewächse umschlangen die Bäume. Nach dem Verlassen des Waldes standen wir schließlich auf dem Cliff-Top – hier bot sich uns ein völlig anderes Bild: Ginster, Heidekraut und Erika bedeckten den Boden. Wildpferde kreuzten unseren Weg.. Es sah herrlich aus. Es ging immer wieder hoch und runter, aber recht sanft. Der Abstecher zum Hurlstone Point führte uns über einen schmalen Pfad direkt an der Küste entlang und erinnerte mich an Madeira. Hier fehlte nur die Levada.

 

Nach ca. 6 Std., 18 km und 500 hm erreichten wir in Porlock Weir unsere Unterkunft The Cottage B&B

Hier wurden wir, wie auch in allen anderen Unterkünften (Bed and Breakfast) sehr herzlich empfangen. Wir liebten es, in allen Unterkünften standen Wasserkocher, Tee, Kaffee und Kekse für uns bereit.

      

In Porlock Weir erwartete uns überraschend zu dieser Jahreszeit ein kleiner Karnevalsumzug, welchen wir mit Begeisterung zuschauten. 


Porlock Weir - Lynmoth (7:42 h, 27,2 km, 940 hm)

 

Es war ein grauer, nebliger Morgen, als wir den kleinen Hafen von Porlock Weir hinter uns ließen. Der Weg schlängelte sich durch dichte Eichenwälder nach Culbone Church. Das erste Ziel war die kleinste Pfarrkirche Englands: St. Beuno's Church in Culbone.

Wir entschieden uns für die nördliche Route durch den Culbone Wood. Natürlich ließ das typisch englische Wetter nicht lange auf sich warten – ein Nieselregen setzte ein, der uns wie ein feuchter Umhang umhüllte. Bäche kreuzten unseren Weg und zwischendurch gab es einen Lichtblick auf das Meer und kein Regen. In der Ferne sahen wir bereits unser Ziel, welches aber uns noch durch einige Schluchten trennte.

 

Die letzten km führten uns über offenes Heideland. Der Nieselregen hatte sich inzwischen in den typischen englischen Landregen verwandelt, der bei jedem Schritt auf unsere Kleidung prasselt. Die komplette Regenkleidung kam endlich zum Einsatz. Blickten wir in die Ferne, erhofften wir uns einen herrlichen Ausblick auf Lynmouth, doch anstatt der erhofften Panoramaaussicht hüllten uns dichte Nebelschwaden ein. Die Schönheit der Landschaft blieb uns leider verborgen, und wir mussten uns mit der Vorstellung begnügen, dass Lynmouth irgendwo hinter diesem grauen Schleier wartete.

 

Der letzte Abschnitt unseres Weges führte uns am Rand der Klippen entlang. Jeder Schritt brachte uns näher an unser Ziel, und trotz des Regens verspürten wir ein Gefühl der Zufriedenheit und Abenteuerlust. Endlich erreichten wir unsere Pension,

South View Gästehauspitschnass. Die herzliche Begrüßung des Gastgebers beseitigt sofort die Müdigkeit und Kälte, und wir wurden mit einem warmen Lächeln, Handtüchern und einem heißen Getränk in Empfang genommen. 


Lynmoth - Hunters 'In  (3:50 h, 11,3 km, 400 hm)

 

An diesem Morgen sollte es bei besten Wetter nach Combe Martin weitergehen. Es bahnte sich aber in den letzten Tagen schon ein Krankheitsfall an der sich zuspitzte und wir unsere heutige Wanderung in Hunters ‚In abbrechen mussten. Statt Wanderstiefeln gab’s ein Taxi zur nächsten Unterkunft. 

 

Aber trotz Allem hatten wir auf der Hälfte der eigentlichen Etappe grandiose Aussichten auf den Atlantik. Direkt zu Beginn ging es steil hinauf bis nach Lynton. Dann folgte ein ganz traumhafter Weg durch das Valley of Rocks, dass seinem Namen alle Ehre macht: Aufeinander gestapelt, Felsbrocken, von Farn überwucherte Steilhänge, an denen einige Ziegen grasten. Anschließend ging es durch das Anwesen von Lee Abbey und über idyllische Schafsweiden immer wieder Berg ab und bergauf. Dann erreichten wir auch schon Hunters 'In wo unsere Wanderung für diesen Tag endete und es direkt mit dem Taxi zu unserer Unterkunft Saffran House B&B ging.


Combe Martin – Ilfracombe   

 

Der Genesungstag begann mit der Vorfreude auf Erholung. Mit dem Bus fuhren wir zur nächsten Unterkunft nach Ilfracombe, in welcher Piper und Terence alles dafür taten, dass wir bereits zum Mittag unser Zimmer beziehen konnten. The Devonian. Diese Unterkunft war eine wahre Oase der Entspannung – geschmackvoll eingerichtet und einem einladenden Ambiente. Nach einer wohlverdienten Pause machten wir uns auf, das geschäftige Hafenörtchen Ilfracombe zu erkunden.

 

Die Hafeneinfahrt wird von der beeindruckenden Statue „Verity“ dominiert, die hoch über den Hafen thront und mit ihren 20 Metern Höhe eine faszinierende Kulisse bietet. Wir schlenderten über den historischen Hillsborough Hill, wo die Überreste einer keltischen Befestigung aus der Eisenzeit bedeutende Einblicke in die Vergangenheit boten. Umgeben von der rauen Schönheit der Küste und der frischen Seeluft fühlte sich jeder Schritt wie eine kleine Flucht aus dem Alltag an. Das regnerische Wetter hielt uns nicht ab; es führte uns ins nahegelegene Aquarium, das uns mit seiner Vielfalt an Meeresbewohnern und spannenden Einblicken in die Wasserwelt von North Devon fesselte.

 

Am nächsten Morgen stand der Arztbesuch auf dem Plan, was uns noch einen halben Tag in Ilfracombe verschaffte. So machten wir uns auf zu den Tunnels Beaches, einem einzigartigen Ort, wo natürliche Tunnel zu versteckten Stränden führen. Ein kleiner Spaziergang führte uns bis zum ersten Aussichtspunkt unseres Wanderwegs in Richtung Woolacombe.

 

Nachdem wir mit Tabletten und notwendigen Utensilien ausgestattet waren, ging es am Nachmittag mit dem Bus nach Woolacombe. Der schier endlose Woolacombe Beach erstreckte sich vor uns und war einfach überwältigend. Der Weg führte uns um die markante Landspitze von Baggy Point nach Croyde Bay (1:41 h, 6,19 km), wo wir die atemberaubende Aussicht genossen und die Natur in vollen Zügen aufnahmen.

 

Von hier aus setzte sich unsere Reise mit dem Bus fort, weiter zum Waterfront Inn in Westward Ho!, in welcher wir uns auf die nächste Etappe unserer Erkundungstour freuten. Die Etappen von Braunton bis Bideford verliefen abseits der Küste, immer auf befestigte Wege entllang, darum trafen wir schon in der Planung dieses Stück in unserer Wanderung auszulassen. In Westward Ho! war eine Pause von 2 Tagen geplant, im kleinen aber feinen Hotel Waterfront Inn.


Bideford – Westward Ho! (4:13 h, 14,7 km, 160 hm)

 

Hier sei noch erwähnt, Sie ist bekannt dafür, dass sie der einzige Ort im Vereinigten Königreich ist, dessen Name ein Ausrufezeichen enthält. Der Name wurde von dem Roman "Westward Ho!" von Charles Kingsley übernommen, der in der Nähe von Bideford spielt. 

 

Heute stand unser geplanter freier Tag an, Wandern ohne „Kleiderschrank“. Nach einem köstlichen Frühstück machten wir uns mit dem Bus auf den Weg nach Bideford. Das Wetter zeigte sich zunächst typisch englisch, aber im Laufe des Tages klärte es auf, und die Sonne ließ sich tatsächlich blicken.

 

Bevor wir unseren Fuß auf den South West Coast Path setzten, erkundeten wir das charmante historische Hafenstädtchen Bideford. Unser Weg führte uns durch die malerischen Tapeley Park Gardens, die atemberaubend gelegen sind. Von der beeindruckenden Bideford Long Bridge, einer mittelalterlichen Bogenbrücke mit 24 Bögen, die majestätisch den Fluss Torridge überspannt, begannen wir unsere Wanderung.

 

Der Weg schlängelte sich am Ufer des Torridge entlang bis zum kleinen Fischerort Appledore. Nach dem Verlassen des Ortes veränderte sich die Landschaft und erinnerte uns an die Dünenlandschaft  Dänemarks. Kurz vor Westward Ho!, gelangten wir in den Northam Burrows Country Park. Diese weitläufige Dünenlandschaft mit Sandstrand bot uns eine willkommene Abwechslung und der SWCP führte uns direkt am Meer entlang – ein perfekter Abschluss eines wunderbaren Tages.


Westwartd Ho! - Clovelly (7:04 h, 20,09 km, 820 hm)

 

Fast wieder richtig fit wanderten wir heute frohen Gemüts in den sonnigen Tag Richtung Clovelly. Der erste Abschnitt führte uns relativ flach aus Westward Ho! hinaus, vorbei an zahlreichen Beach Huts, die den Küstenstreifen zierten. In der Ferne erblickten wir bereits Clovelly, doch der Weg dorthin sollte noch einige Überraschungen für uns bereithalten.

 

Der Küstenpfad bot atemberaubende Ausblicke und führte uns immer wieder bergauf und bergab, so wie es sich für einen solchen Pfad gehörte. Von Buck’s Mills aus ging es durch ein schattiges Waldstück, das uns schließlich auf den Hobby Drive brachte. Diese handgepflasterte Straße aus dem 18. Jahrhundert führte direkt ins charmante Örtchen Clovelly. Während wir gingen, wurden unsere Ohren von merkwürdigen Lauten begleitet. Neugierig blickten wir uns um und entdeckten einige Fasane, die uns auf dieser Etappe Gesellschaft leisteten. Es ist schon amüsant zu beobachten, wie wenig Scharfsinn diese Tiere mitbringen; sie blieben sitzen im hohen Gras, bis wir fast an ihnen vorbeigingen, und scheinen nicht wirklich fliegen zu können. Kein Wunder, dass sie oft als Hauptgericht enden.

 

Endlich in Clovelly angekommen, mussten wir noch etwa zwei Kilometer bis zu unserer Unterkunft Slerra Hill Bed & Breakfast zurücklegen, da sie etwas außerhalb lag. Dabei überlegten wir bereits, ob wir auf ein Abendessen verzichten sollten – immerhin standen uns weitere vier Kilometer bevor. Doch die Freundlichkeit der Engländer überraschte uns mal wieder: Unsere Gastgeberin bot an, uns ins Dorf zu fahren und später wieder abzuholen. So konnten wir den malerischen Hafen von Clovelly erkunden, der mit seinem Kai aus dem 18. Jahrhundert besticht.

 

Clovelly, ein privat geführtes Dorf, hat seinen ursprünglichen Charme bewahrt. Autos sind in den steilen, engen Gassen nicht erlaubt, was die urigen, geweißelten Cottages und die farbenfrohen Blumen besonders zur Geltung bringt. Im Hotel New Inn ließen wir es uns schließlich schmecken und stellten fest, dass auch eine Übernachtung dort sehr angenehm gewesen wäre.

 

Diese Wanderung wird uns sicherlich lange in Erinnerung bleiben, voller wunderschöner Eindrücke und netter Begegnungen.


Clovelly - Hartland Quay

 

Nach einem köstlichen Frühstück brachen wir zu unserer vorerst letzten Etappe nach Hartland Quay auf. Zunächst durchquerten wir die liebevoll gestalteten Clovelly Court Gardens, bevor wir wieder auf den South West Coast Path (SWCP) gelangten. Der erste Teil der Strecke führte uns durch ein ruhiges, bewaldetes Gebiet, in dem wir weiterhin von neugierigen Fasanen begleitet wurden – ein wahrhaft lustiges Schauspiel.

 

Unweit von Clovelly lag der atemberaubende Aussichtspunkt Angels Wings, bekannt für seine fantastischen Holzschnitzereien, der uns zum Verweilen einlud. Bald ging es sanft bergab, bis wir auf Meereshöhe aus dem Wald traten und der kiesige Mouthmill Beach direkt vor uns lag. Wir kraxelten auf den groben Kieselsteinen herum und kämpften uns zu den beeindruckenden Blackchurch Rock, dessen massive Felsformation wir schon von weitem entdeckt hatten. Glücklicherweise war gerade Ebbe und wir konnten tolle Aufnahmen machen an diesen einsam gelegenen Ort.

 

Nach einem kleinen Abstecher am Strand begann der Anstieg zurück zur Hochebene. Wir kamen an frisch gemähten Wiesen, Feldern und weiterhin den verwirrten Fasanen vorbei. Immer näher am  Hartland Point verließen uns die Fasane und wir vermissten ihre Geräusche in der Nähe. Angekommen am The Point @ Hartland,  waren wir erfreut, dass das kleine Café geöffnet hatte. Hier gönnten wir uns ein Stück Walnusskuchen und eine Tasse Kaffee, um neue Energie für die letzten An- und Abstiege bis Hartland Quay zu tanken.

 

Die Aussicht vom Hartland Point auf den fernen Leuchtturm war einfach spektakulär, auch wenn der Weg dorthin leider gesperrt war. Als wir schließlich in südlicher Richtung weiterwanderten, umgab uns die raue Schönheit der Küstenlandschaft bei zunehmende Wind. Vorbei am Abbey River Beach und Eye Cove erreichten wir das malerische Hartland Quay mit seinem gleichnamigen Hotel. Nach einer erfrischenden Dusche und einem herzhaften Abendessen im Pub „The Wrecker’s Retreat“ genossen wir einen atemberaubenden Sonnenuntergang und nahmen langsam Abschied vom SWCP.


Heimreise über London

 

Unsere Rückreise nach Hause war nicht an einem Tag zu bewältigen und so planten wir einen Zwischenstopp in der Metropole London ein. Von Hartland Quay ging es per Taxi nach Barnstaple zum Zug. Erst als alles geplant war, bemerkten wir, dass sonntags in dieser Gegend keine Busse fuhren – eine kleine Hürde, die wir aber meisterten.


In London angekommen, tauchten wir in einen Hexenkessel ein – ein starker Kontrast zu unseren entschleunigten Tagen in der Natur.

 

Wir ließen uns einfach durch die Stadt treiben, genossen die pulsierende Atmosphäre und bewunderten die Sehenswürdigkeiten auf unserem Weg. Auch wenn wir den Tower der Tower Bridge nicht mehr erklimmen konnten, war der Blick auf die Londoner Skyline schlichtweg grandios. Auf dem Weg zum Hotel ließen wir den Abend mit einem Guinness und Burger in einem gemütlichen Pub ausklingen.

 

Obwohl fast ein Jahr vergangen ist, fühlt sich die Reise beim Schreiben noch so frisch an. Am liebsten würde ich sofort den South West Coast Path fortsetzen. Die Zeit fehlt zwar, aber die Planung der nächsten Etappen läuft bereits. Mein Ziel ist es, diesen Pfad komplett zu bewältigen. Die einzige Herausforderung: Ich wandere ungern allein, und es ist nicht leicht, eine passende Begleitung mit dem gleichen Ziel zu finden.

 

Besonders überrascht hat mich die Mentalität der Engländer – vor allem in den kleinen Bed & Breakfasts wurden wir mit unglaublicher Herzlichkeit empfangen. Die Landschaft ist schlichtweg herrlich und wunderschön. England hat so viel zu bieten, dass es immer eine Reise wert ist.


Kommentare: 1
  • #1

    Heike (Mittwoch, 09 Juli 2025 19:49)

    Hallo Kerstin, ich habe gerade deinen tollen Wanderbericht gelesen und uns ging es ähnlich wie dir. Die Ruhe, die Natur und die Mentalität der Engländer, einfach herrlich. Solch eine Woche der Abgeschiedenheit und Entspannung, trotz Belastung, ist einfach fantastisch zum Auftanken für den Alltag. Liebe Grüße aus Krostitz